Die Magie des Scheiterns

Kennen Sie einen Menschen, der gerne über das selbst erlebte Scheitern erzählt? In unserer Kultur tun wir das nicht so gerne. Selbstverständlich sind wir meistens grosszügig mit dem Auflisten von gelungenen geschäftlichen Ideen und anderen Erfolgsgeschichten. Dass jedoch aus Niederlagen und sogar aus einem persönlichen Scheitern viel gelernt werden kann, ist offensichtlich.

Vor Jahren wurde mir die Übernahme der Geschäftsführung einer kleinen Software-Firma angeboten. Ich kannte die Firma, identifizierte zwei grundsätzliche Herausforderungen und schritt mit grossem Engagement zur Tat. Schliesslich kannte ich den Gründer und Besitzer der Firma recht gut. Die Freude über die Anfrage überwog und ich "stieg" ein. Vieles gelang, doch stellte sich nach einigen Monaten merkwürdigerweise ein unsicheres Gefühl bei mir ein, da der Besitzer vermehrt wieder operativ tätig wurde. Er baute sozusagen - nachdem sein Unternehmen wieder auf Kurs war - eine Art "Schattenführung" auf. Grandios gescheitert (!) musste ich erkennen.

Dieses Erlebnis hat mich besser gemacht; ein achtsamerer Umgang mit mir, ein schärferer Blick auf Geschäftspartner und fokussierte Entscheidungsbereitschaft. Und das Beste: Ich darf ein paar durchaus erfolgreiche Firmen begleiten, wo wir 2-3 x jährlich sogenannte MEM(me) "Miss - Erfolgs - Museumsräume" bestücken. Diese MEM(me) - Workshops laufen so ab: Die Mitarbeitenden (INKL. Führungskräfte) erzählen im selbstreflexiven Stil über Misserfolge im operativen und strategischen Bereich. In der Gesamtrunde wird versucht diese negativen Ereignisse zu "re-framen" und anders zu beleuchten. Faszinierend, wie oft stille und wenig sichtbare Mitarbeitende tolle, innovative und überraschende Ideen vorbringen. Gleichzeitig steigt bei meinen Kunden die Mitarbeiterzufriedenheit und die Kultur wird von unten nach oben positiv verändert.

Meine Aufgabe als betrieblicher Mentor und Moderator ist lediglich, den Raum für die Ausdehnung dieser "Magie des Scheiterns" zu schaffen und zu pflegen!